Kirche als Oase des Friedens

Datum: 23. November 2025 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Philipper 2,8-10

Wie ist das mit dem Frieden? Ich vergleiche es gerne mit einem Garten. Friede, ist nicht einfach etwas, das eines Tages plötzlich da ist, eine, Frieden muss man wie einen Garten pflegen. Wenn das nicht so wäre, dann könnten wir uns das Jäten sparen – und wahrscheinlich gäbe es dann in der Gemeinde auch keine Konflikte (Humor). Friede ist also wie ein Garten, den wir pflegen, wässern, und Unkraut ausziehen – und dann hoffen, dass niemand mit Dreckstiefeln durchs Beet trampelt. Aber eben, manchmal kommt es doch vor…

Ich möchte mit euch heute morgen anschauen, wie wir als Kirche ein Leuchtfeuer von Hoffnung und Zuversicht sein können, gerade jetzt, wo die Welt eher nach «Dunkel und Sturm» aussieht.

Zugang zum Thema

Für diese Predigt habe ich mich von einem Schweizer Pfarrer inspirieren lassen, der Dozent an einer Theologischen Schule in Deutschland war. Er hatte bereits den 1. Weltkrieg erlebt, und gesehen, was Krieg anrichtet, und deshalb hatte er sich am Anfang vom 2. Weltkrieg bewusst gegen die damalige deutsche Regierung zur Wehr gesetzt. Er wurde vorgeladen und aufgefordert seine Loyalität gegenüber dem Führer zum Ausdruck zu bringen. Er hat das dann getan, und einfach noch hinten sanft angehängt, «sofern das mit dem Glauben an Jesus Christs vereinbar ist.» Da musste jemand wahrscheinlich leer schlucken. Auf jeden Fall wurde er verhaftet und musste das Land verlassen. Mutprobe bestanden, bei der Loyalitätsprüfung durchgefallen. Er hat dann diese Situation mit seinen Studenten verarbeitet, und überlegt, wie könnte man das beim nächsten Mal anders machen?

Einer seiner Studenten hat davon ein Buch geschrieben. Der Autor ist Mennonit und die Mennoniten setzen sich heute noch für den Frieden ein. In diesem Sinne sind sie für mich die «Willhelm Tells vom Frieden».

  1. Christus, das Fundament unseres Friedens

Unser Weg zum Frieden beginnt damit, dass wir das Fundament unseres Glaubens verstehen.
Philipper 2,8-10:

Er (Christus) erniedrigte sich und wurde gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.

Deshalb hat Gott ihn auch über alles erhöht und ihm den Namen verliehen, der über allen Namen ist,damit im Namen Jesu sich beuge jedes Knie, all derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind (Phil 2,8-10)

Darin finden wir drei Schritte: Tod, Auferstehung und der Beginn eines neuen Zeitalters.

Als Jesus vor Pilatus gebracht wurde, da musste das Volk zwischen Barabas und Jesus entscheiden. Barabas war ein Revolutionär, der bereit war, für Frieden Menschen umzubringen. Um Menschen zu ändern, war er bildlich gesprochen bereit, mit dem Hammer dreinzuschlagen, auch wenn dabei jemand umkommt.

Jesus war auch ein Revolutionär, doch von einer anderen Art. Bevor er gekreuzigt wurde, hatte er mit seinen Jüngern das Abendmahl gefeiert, und ihnen gezeigt, wie sein Blut die Sünde zu deckt, damit wir Gottes Liebe erleben, und uns aus freien Stücken ändern.

Und dafür war er bereit am Kreuz zu sterben. Wenn er das nicht getan hätte, dann wäre er heute wahrscheinlich bekannt als «Jesus, der Kreuzverweigerer». Aber Jesus sagte: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, würden meine Diener dafür kämpfen, dass ich nicht an die Juden ausgeliefert werde." (Joh 18,36). Jesus signalisierte damit, dass er auch ein Reich aufbaut, aber ohne Gewalt, sondern mit der Liebe Gottes.

Um nochmals den Bogen zu Philipper 2 zu schlagen… Weil Jesus bereit war für uns zu sterben, wurde er erhöht und geehrt, und bekam einen Platz zur Rechten Gottes, und von dort aus regiert er nun sein Reich. Und wie wir in Philipper 2,10 lesen, erwarten wir, dass der Tag kommen wird, wo alle Menschen Jesus als König und Herrscher dieses Reiches akzeptieren werden. Der Tag wird kommen, wo «jedes Knie sich beugen wird».

Die Grundlage für dieses Reich Gottes – den Ort, wo Gott regiert – ist die Liebe Gottes, die uns durch Jesus am Kreuz und in der Auferstehung begegnet – und das gewaltfrei.

Praktisches Beispiel
Auch wir haben immer wieder die Wahl, ob wir Gewalt anwenden, oder einander in Liebe begegnen. In einer Gemeinde gab es im Foyer immer wieder Situationen, wo plötzlich auf der Ablagefläche für die Flyer Sachen aufgelegt wurden, die nicht dorthin gehörten. Immer wieder fragten man sich, wer ist wohl der heimliche Flyer-Saboteur. Dann wurden Regeln aufgestellt, was aufgelegt werden darf, und was nicht. Das wurde dann gut kommuniziert – aber es ging trotzdem weiter.

Dann hat einer einmal an der GV die Hand aufgestreckt und gesagt, wir sollten im Foyer eine Videokamera einrichten, damit man kontrollieren können, wer das ist. Jesus hat ja mal gesagt, «überwachet und filmet», oder so ähnlich. …und jetzt?! Jetzt weisst du, es ist Fritz aus der 3. Reihe. Was sagst du ihm? Gemeindeausschluss, oder «Flyerverbot auf Lebzeiten»?

Man entschied für: Keine Kamera, dafür Frieden. Miteinander in Frieden zu leben, bedeutet solche Spannungen auszuhalten und –symbolisch gesprochen –so wie Jesus meine Interessen zurückzustecken. Spannungen aushalten, das ist geistliches Fitnesstraining, und das kostenlos.

Gott wirkt in der Gemeinde, und es dreht sich nicht alles um mich. Ich darf immer wieder lernen loszulassen. Jesus hat uns am Kreuz vorgemacht, wie das geht.

  1. Die Rolle der Kirche bei der Förderung des Friedens

Was ist die Aufgabe der Kirche in Bezug auf den Frieden? Kurz gesagt, wir können diesen Frieden von Jesus verkörpern und uns dafür einsetzen. Jesus hat verkündigt, «Erfüllt ist die Zeit, und nahe gekommen ist das Reich Gottes. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15). Das Reich Gottes ist dort am Anbrechen, wo zwei oder drei im Namen Jesu zusammenkommen. Die Gemeinde ist der Vorposten von diesem Reich, und somit der Vorgeschmack für das, was noch kommen wird. Der Trailer für den Kinofilm „Reich Gottes – Die Vollversion kommt noch.“ Nämlich dann, wenn jedes Knie sich beugen wird.

Wir erleben noch nicht die „Fülle der Zeiten“ (Eph 1,10) aber sie ist am Anrollen und bricht da und dort auf. Wo Menschen heute schon erkennen, wer Christus war und sich freiwillig unter seine Herrschaft stellen und danach leben. Das Ziel schlussendlich ist, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit in Jesus kommen (1. Tim 2,4).

In Römer 13 sagt uns Paulus, ordnet euch den staatlichen Behörden unter (13,1), und zahlt eure Steuern, und gebt denen Ehre, denen Ehre gehört (13,7).

Auf der anderen Seite, sagt Paulus, ist es die Aufgabe des Staates Rahmenbedingungen zu schaffen, damit wir als Kirche für Jesus leben können (13,4), und so alle Menschen Jesus kennenlernen dürfen.

Denn die Kirche, sofern sie nach dem Vorbild von Jesus lebt, ist ein Ort der Gewaltlosigkeit und vom Frieden. Ich sage dem, wir sind das Trainingslager für den Frieden. Die Gemeinde ist ein zusammengewürfelter Haufen von Menschen, die sich für den Frieden Jesu einsetzen.
Die Kirche ist der Vorgeschmack um das, wenn er wiederkommt, voll und ganz umsetzen.

Wie gehen wir als Gemeinde mit dem Staat um? Da müssen wir von Fall zu Fall entscheiden, ob der Staat die Rahmenbedingungen schafft, damit wir den Frieden Gottes nach dem Vorbild von Jesus leben können.

Und wenn wir mit dem Staat zu tun haben, dann tun wir das nach dem Vorbild von Jesus Christus.
Liebe leben, wo wir lieber die Augen verdrehen würden.

  1. Praktische Anwendung für Kirche als Oase des Friedens

Wie verkörpern nun praktisch wir den Frieden Gottes als Gemeinde oder Kirche?

a) Vergebung und Versöhnung
So wie Christus uns vergeben hat, so sind wir aufgefordert, einander zu vergeben. Das bedeutet, den Groll loszulassen, und Versöhnung mit denen zu suchen, die uns Unrecht angetan haben. Jesus hat uns gelehrt, dass wir mehr vergeben sollen, als uns lieb ist, nämlich nicht nur 7x sondern 77mal. Es geht jetzt aber nicht darum eine Strichliste zu führen, das würde am Ziel vorbei gehen. Der Punkt von Jesus ist: Wir sollen mehr vergeben, also uns lieb ist. Um das geht es.

b) Ohne Gewalt und mit Liebe
Widerstand gegen die ungerechtfertigte Gewalt vom Staat, wie wir sie in einem Konflikt erleben, leben wir in Liebe und Gewaltlosigkeit. Jesus ist die Grundlage unseres Glaubens. Und wir glauben, dass er am Wirken ist, auch wenn wir es nicht sehen (Heb 11,1) und er hat es erduldet, von uns Sündern ans Kreuz genagelt zu werden, damit wir die Möglichkeit bekommen umzukehren (Heb 12,3).

Was geschieht, wenn wir Druck ausüben? Es gibt Gegendruck – und wir würden, wie ein Wasserballon, am liebsten platzen. Deshalb ist es gut, Menschen laufen zu lassen, damit sie in ihrem Herz von Gott überführt werden und ihre Herzenseinstellung aus freien Stück ändern – und nicht weil wir Druck ausüben.

Ich wurde in einer Gemeinde gefragt in einem Familienstreit zu schlichten. Da ging es ziemlich grob zu und her und jeder wusste genau, was der andere falsch gemacht hatte. Es war auch auf der anderen Seite ein Pastor involviert, der mit klar gesagt hatte, wer in dieser Situation falsch war und was ich zu tun hätte. Hätte ich meine Pulsuhr getragen, die wäre begeistern gewesen, denn mein Puls ging während den Gesprächen einige Male höher. Doch ich blieb einfach dran und vertraute im Glauben, dass Gott irgendwo eine Tür öffnen wird. Kein Blitz und Donner, sondern zuhören, beten und aushalten.

Da kann man nun sagen, das ist doch ein Weicheier Christ-sein. Man muss doch auch im Glauben stark sein, und die anderen mit dem Hammer zurechtbiegen. Doch das habe ich nicht getan. Sondern ich bin einfach dieser Frau beigestanden, habe ihr zugehört, bin mit ihr an diese Treffen, und habe ihr gesagt, sie solle auf ihr Herz hören, «was sagt dir Jesus? Was sagt dir die leise Stimme des Heiligen Geistes.»

Danach habe ich nicht mehr nachgefragt und die Situation hat sich später gelöst. Dort wo keine Scheinwerfer drauf geleuchtet hatten, dort wo keine giftigen Worte ausgetauscht wurden. Kein Feuerwerk, keine Pokale. Paulus sagt es in 1. Korinther 13 so: Die Liebe hat einen langen Atem, setzt sich fürs Gute ein und ereifert sich nicht. Die Liebe blufft nicht und ist nicht taktlos, sie ist nicht eigennützig (1. Kor 13,4+5 stark vereinfacht).

c) Unterstützung in Gemeinschaft
Die Gemeinde ist eine Oase des Friedens, wenn Menschen sich in der Not gegenseitig unterstützen und füreinander da sind. Ich denke da an zwei Frauen, in einer Gemeinde. Beide hatten ihre Männer verloren und sie hatten danach abgemacht, dass sie einander jeden Morgen anrufen, einfach um nachzufragen, wie es geht und miteinander zu beten. Und das machen sie nun jeden Tag. Das ist etwas Praktisches, das für diese Frauen in ihrer Situation eine Hilfe war. Oder, ich denke an einen Mann in einer Gemeinde, der überfordert war mit Papierkram und dann hat sich jemand anerboten, ihm von Zeit zu Zeit beim Bürokram zu unterstützen. Kleine Dinge, grosse Wirkung. Und manchmal einfach ein paar Guetzli vorbeibringen.

  1. Die Hoffnung fürs Ende der Zeit

Unser Engagement für den Frieden ist in der Hoffnung verwurzelt, dass Jesus wiederkommen wird und das Reich Gottes vollumfassend errichten wird. Ich habe am Anfang Philipper 2,8-10 gelesen. Darin ist der letzte Punkt «damit sich … beuge jedes Knie». Wenn Jesus wiederkommt und die Menschheit richten wird, werden alle seine Herrschaft akzeptieren. Kein König oder Diktator wird sagen können, «oh sorry, habe gerade Knieprobleme».

Im Alten Testament warnen die Propheten vor den Machthabern die «Friede, Friede» verkünden, aber nichts dafür tun. Der Schlüssel für Frieden ist die Beziehung mit Gott, und nicht einfach den Glauben ausnutzen, um die eigene Macht zu legimitieren. Oft missbrauchen Könige und Diktatoren, den Glauben, um das einfache Volk zu manipulieren, und sind sich gar nicht bewusst, dass ihre eigenen Taten eines Tages von Gott beurteilt werden.

Das ist die Gefahr, wenn Macht und Glaube vermischt wird, dann wird Religion zu einem Hammer – und jeder, der nicht in die Norm passt, wird ein Nagel. Ich habe am Anfang den Pastor erwähnt, der sich gegen das Dritte Reich stellte, weil es den Glauben für ihre Zwecke missbrauchte. Die Mennoniten haben das unter Zwingli erlebt. Unter den Kreuzzügen ging man im Namen von Jesus gegen die Muslime vor. Im Dritten Reich suchte man eine Endlösung für die Juden. Heute gibt es wieder eine Tendenz den christlichen Glauben für politische Zwecke zu nutzen. Der Pfarrer, der am Anfang vom 2. Weltkrieg gegen den Machtmissbrauch vom 3. Reich stellte, sagte, das hat damit zu tun, dass wir meinen, wir seien die Richter! Und wir müssen doch dafür nicht bis zur Wiederkunft von Jesus warten?!

Zur Zeit von Jesus gab es solche, die mit Gewalt gegen die Unterdrückung der Römer vorgehen wollten. Jesus war auch im Kontakt mit diesen Menschen und wehrte sich gegen die Anwendung von Gewalt.

Wie ist die Gemeinde eine Oase des Friedens nach dem Vorbild von Jesus? Antwort: «Lasst die Gemeinde die Gemeinde sein!» Oder nach der Vision der Viva Kirche Schweiz: «Wir leben Kirche». Simpel und einfach. Und dabei lassen wir die Gewalt dort, wo sie hingehört: Nämlich, nirgends! Das Lamm Gottes in Offenbarung 5 wird schlussendlich für Gerechtigkeit sorgen. Bis dahin ist es unsere Aufgabe, Jüngerschaft zu leben und andere dafür einzuladen. Schlicht und einfach.

Und so sind wir eingeladen, Frieden zu leben: Gewaltfrei, einladend und voller Hoffnung. Denn dort, wo Jesus im Mittelpunkt steht, wird die Gemeinde zu einer echten Oase des Friedens – mit einem Gartenhag, und einer offenen Tür.

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