Barak – Captain Lightning

Datum: 23. Februar 2025 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Richter 4,1-24

Barak: Captain Lightning – Richter 4,1–24

Die Faszination Superhelden ist zeitlos und universell. Schon seit je her sind sie in jeder Kultur der Stoff von fantastischen Geschichten. Einer der ersten Superhelden war Gilgamesch. Diese Geschichte stammt ist rund 400 Jahre alt und erzählt die Geschichte vom alten sumerischen König, der unsterblich werden wollte. Aus der Zeit der alten Griechen sticht Achilleus hervor, der Held aus den Trojanischen Kriegen. Heute sind die bekannten natürlich Superman und Batman, die uns zeigen, wie man mit schwierigen Situationen umgeht. Wir kennen sie aber auch aus den Reality TV Shows. Da kommt mir spontan der Schönbächler in den Sinn, der in der Sendung Auf und Davon begleitet wird, wie er nach Kanada auswandern will und es dann auch schafft. Ein richtiger Schweizerheld! Wir schauen diese Sendungen gerne zum Zeitvertrieb, und gleichzeitig begeistern und inspirieren sie uns. Wir identifizieren uns mit solchen Helden, und sie geben uns ein gutes Gefühl. Aber auch die Skandale und Abstürze faszinieren uns. Sie zeigen uns, dass auch die grossen Helfen Fehler machen, und das tut uns gut, weil wir dann nicht allein sind.

Auch in der Bibel finden wir Superhelden: Simson, der einen Löwen mit blossen Händen tötet; David, der den Goliath mit einer Steinschleuder tötet; Daniel und seine Freunde, die hungrigen Löwen und einem feurigen Ofen entkommen, anstatt ihr Leben ans heidnische Babylon zu verkaufen; Esther, wo durch ihren Mut ihr jüdisches Volk rettet; und dann noch Glaubenshelden vom Hebräer 11. Was ich an der Bibel noch speziell finde, ist, dass sie zugibt, dass Helden nicht perfekt sind – und trotzdem bleiben sie Helden, weil sie ein Wegweiser sind für Jesus, der wohl alles übertrifft. Es geht also nicht um die Superhelden, sondern es geht um den, auf den sie hinweisen.

Und, wie sieht es mit Barak aus? Sein Name bedeutet “Blitz”, auf Englisch “Lightning”. Das ist schon mal ein Hinweis, dass er das Potenzial zum Superhelden hat. Aber es geht noch weiter, er ist der erste Richter im Buch, der mit Glaubenshelden wie David und Samuel gleichgestellt wird. Hebräer 11,32-34:

Und was soll ich noch sagen? Mir fehlt die Zeit, auch noch von Gideon, Barak, Samson, Jephta, David und Samuel und von den Propheten zu erzählen. 33Aufgrund des Glaubens haben sie Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit geübt, Verheissungen erlangt, Löwen den Rachen gestopft 34und gewaltiges Feuer gelöscht. Zweischneidigem Schwert sind sie entronnen, und wo sie schwach waren, haben sie Kraft empfangen. Stark sind sie geworden im Krieg, haben Heere feindlicher Völker in die Flucht geschlagen. (Heb 11,32-34)

Es ist nicht ganz klar, wieso Gideon zuerst erwähnt wird, denn Barak kommt eigentlich chronologisch vor Gideon. Was aber Barak, Gideon, Samson und Jephta gemeinsam haben; sie setzen sich gegen grosse Widerstände durch. Der Barak hat “Heere (von) feindlicher Völker in die Flucht geschlagen”, und darum kann man schon sagen, dass er ein Held war. Aber ein Superheld? Das kann doch nicht dein ernst sein? Das wollen wir heute im Richter 4 etwas genauer anschauen.

Es braucht einen Helden (V1-3)

Schamgar hatte Israel gerettet, indem er eine Bande von Philistern zurückdrängte. Sie hatten den Frieden gestört, für den Ehud sich eingesetzt hatte (3,31). Aber nach Ehuds Tod (4,1) gab es grössere Probleme, und da brauchte es neue Lösungen. Israel kam vom Glauben ab und deshalb gab sie der Herr in die Hände von einem, der ihnen nicht guttat, und so wurden sie 20 Jahre lang unterdrückt.

Er hatte einen beeindruckenden Titel: "Jabin, der König von Kanaan, der in Chazor regierte," (V2), ein furchtbarer Feind. "Chazor" war eine befestigte Stadt auf dem Gebiet von Naphtali, etwa fünfzehn Kilometer nördlich vom See Genezareth, nahe der heutigen israelisch-libanesischen Grenze. Es war einmal die mächtigste Stadt im Norden Kanaans (Jos 11,5+7). Heute noch kann man die imposanten Ruinen besichtigen. Der Hügel von Hazor sieht man von weitem, und die grösste antike Ruine im modernen Israel. "Jabin" war wahrscheinlich ein königlicher Titel, wie Pharao für die Könige von Ägypten. Josua hatte fast hundert Jahre zuvor einen anderen Jabin bei Hazor besiegt.[1] Jetzt aber hatte sich Chazor erholt, und von dieser Festung aus beherrschte dieser Jabin das ganze nördliche Kanaan vom Jesreel-Tal südwestlich vom See Genezareth bis zum Oberlauf vom Jordan.

Was Jabin auszeichnete, waren seine Bündnisse mit anderen Herrschern, der kanaanäischen Städte.[2] Aber sein grosses Plus war sein Treiber "Sisera", der "900 Wagen aus Eisen" hatte (V2-3). Der Name von Sisera war kein kanaanitischer Name. Wahrscheinlich war er einer der Seevölker, die die aus der Region um die Adria nach Kanaan kamen. Er war in "Charoschet-Gojim" ("Charoschet der Nationen") (V2) zuhause. Wir wissen nicht genau, wo das war, aber mit einem so grossen Wagenpark, war es sicher auf einem flachen Terrain, und nicht in den Hügeln. Da bietet sich die Jesreel Ebene an, dort wo unsere Schlacht stattfinden wird. Mit 900 Wagen war er jemanden, den man nicht aus dem Auge verlieren durfte, und wie es scheint, war er unbesiegbar. Nach 20 Jahren Unterdrückung schrien die Israeliten wieder mal zum Herrn (V3). Sie waren hilflos ausgeliefert. Sie brauchen deshalb jemanden, der es mit Sisera aufnehmen kann.

Die Beauftragung eines Champions

Zum ersten Mal im Buch Richter wird uns erklärt, wie Gott einen Befreier für sein Volk beruft. Er braucht dafür Debora, eine Prophetin, die damals in Israel Richterin war (V4). Sie ist diejenige, die Barak im Namen vom Herr beauftragt (V6).

Sein Hintergrund (V4-6)

Barak (Blitz) ist ein passender Name für einen Krieger in der Gegend von Kanaan. In der kanaanitischen Mythologie wurde Baal als Blitz dargestellt. Baal war ein Reiter auf Gewitterwolken. In der einen Hand eine Keule (Donner) in der anderen einen Speer (Blitz). Der Name Barak war also ein eindrücklicher Name, verbunden mit viel Ehre. Der Vergleich mit Baal ist noch interessant, weil Barak ja im Namen von Jahwe beauftragt wird. Und Jahwe wird im Lied von Debora in Kapitel 5 als einer beschrieben, der mit einem göttlichen Wolkenbruch, das Blatt gegen Sisera wendet (5,4). Der Bach Kischon wird in einen reissenden Fluss verwandelt, der den Feind mitreisst (5,19-21). Barak soll also im Namen des Herrn der wahre Reiter sein, der auf den Wolken daherkommt (Ps 68,4). Doch wenn man den Namen von seinem Vater anschaut, dann erkennt man, dass er nicht aus einer Kriegerfamilie kam. Und genau darum, ist er auf Gottes Hilfe angewiesen, was ihm Debora denn auch verspricht (V7).

Barak wird aus "Kedesch-Naftali" (V6) gerufen. Ein Ort der 27 Kilometer nördlich vom See Genezareth im Gebiet vom Stamm Naftali liegt, also am äusseren nördlichen Rand der israelitischen Siedlung. Warum Debora gerade ihn beruft, wird nicht gesagt, ausser “Hat (dir) der HERR, der Gott Israels, nicht geboten…“ Sie ist also eine Frau mit einem prophetischen Weitblick, und sie hat einen guten Draht zu Gott. Gott ist also derjenige, der Barak beruft, und nicht Debora. Wahrscheinlich ist Barak ein junger Bursche, und jetzt wird er zum Mann, denn sie sagt zu ihm: “Geh, zieh auf den Berg Tabor und nimm zehntausend Mann von den Naftaliten und den Sebuloniten mit dir?“ (V6) Das ist wahrscheinlich keine organisierte Armee, sondern eine Truppe mit Milizen, d.h. freiwilligen Kämpfern, die in Sebulon und Naftali bekannt und respektiert war. Barak hatte den Respekt der Männer und wird ernstgenommen. Doch die Herausforderung kommt erst noch. Wie werden sie sich gegen Sisera mit seiner modernen Kampfrüstung schlagen? Sie brauchen eine Strategie, die funktioniert.


Sein Marschbefehl (V6-7)

Barak ist kein Einzelkämpfer. Er versammelt sich mit seinen Männern am Berg Tabor. Und dieser Berg liegt an der Grenze zwischen Naftali und Issachar, am Ende vom Tal, das in die weite Jesreel-Ebene hinabführte. Dort soll es zur Schlacht kommen. Wenn Sisera von seinem Stützpunkt “Charoschet-Gojim” herkommt, dann wäre der Berg Tabor ideal als Ausblick. Und von dort sind sie schnell unten, um das Heer zu überraschen. Auf der Ebene waren die Streitwagen natürlich im Vorteil, wenn sie aber vom Berg runterkommen, dann haben sie zumindest eine Chance. Wenn man das einen Plan nennt, dann ist das schon mal was. Aber trotzdem wird es ein Wunder brauchen.

Seine Glaubensherausforderung (V7)

Aber Debora gibt Barak mehr als nur einen Plan. Sie gibt ihm auch noch eine göttliche Verheissung. Der Herr wird Sisera und seine Truppe zum “Bach Kischon locken und ihn dort in deine Hand geben” (V7). Gott wird also für den Sieg sorgen. Wie das alles passieren soll, sagt Gott nicht. Auf den ersten Blick ist der Kischon nicht unbedingt ein Ort für ein Wunder. Es ist nicht vergleichbar mit dem Roten Meer oder gar dem Jordan, wo Israel schon früher Wunder erlebt hatte. Im östlichen Teil des Jesreel-Tals, der dem Berg Tabor am nächsten liegt, ist der Kischon lediglich ein kleiner, flacher Bach. Barak bekommt also einen Auftrag und eine Verheissung. Kurz zusammengefasst, sagt Gott, "Geh dorthin, und ich werde dir den Sieg geben." Was meinst du, ist das für Barak genug, um den Plan auszuführen? Hat er den Glauben, das auszuführen, auch wenn der Plan jetzt nicht sehr detailliert ist? Ist er bereit, sich auf Gott zu verlassen? Wenn er es durchzieht, dann wird er ein Held. Doch das ganze läuft nicht ganz so wie wir meinen. Denn die Schlacht läuft bevor Barak ankommt. Der Kampf läuft in ihm drin. Wird er Gott vertrauen, und ihm treu sein?

 

Seine wischiwaschi Art (V8-10)

Barak antwortet auf Deboras Aufforderung weder mit einem klaren Ja noch mit einem klaren Nein. In Vers 8 sagt er nicht “Ja, ich gehe” oder “Nein, das ist nicht mein Ding”. Er bleibt zweideutig und schiebt den Ball Debora zu: Wenn sie mit mir kommt, werde ich gehen, und sonst leider nein. Man könnte jetzt sagen, Barak ist so fromm, dass, er nur geht, wenn Debora als Prophetin mitkommt. Er möchte sich so quasi durch Gottes Wort leiten lassen. Und genau so läuft es dann auch. Debora ist dann auf dem Schlachtfeld, diejenige, die das Signal zum Angriff gibt: “Auf! Denn dies ist der Tag, an dem der HERR Sisera in deine Hand gegeben hat. Ist nicht der HERR vor dir her ausgezogen?” (V14). Doch Debora sieht es anders. Sie wirft Barak vor, er sei ein wischiwaschi Typ. Und so zieht sie nur widerwillig mit ihm, und gibt ihm deshalb eine Warnung: "Ich werde mit dir gehen! Du aber wirst keinen Ruhm ernten auf dem Weg, den du gehst, denn der HERR wird Sisera in die Hand einer Frau verkaufen. " (V9). Kämpfen ist Männersache, und Barak hätte den Mut haben müssen, auf Gottes Anweisung hin zugehen, und seinen Mann zu stehen. Gott hatte ihm eine Verheissung gegeben, und das hätte ihm genügen sollen. Da braucht es nicht nochmals eine Frau, die ihm im Kampf sagt, was Gott für Anweisungen gibt. Wenn Barak ein Glaubensheld sein soll, dann hat er doch ziemlich Lücken. Ich weiss nicht, ob das etwas wird mit diesem Superheld «Captain Lighting». Wir meinen jetzt natürlich, dass Debora diese Frau ist, die Barak die Ehre stehlen wird, doch es kommt anders!

 

Sein Sieg (V10–17a)

Jetzt ist das Gerede (Gschnör) vorbei. Barak tritt in Aktion, und die Geschichte geht weiter. Barak geht mit seinen Männern auf den Berg Tabor, und mit ihm geht Debora (V10b). Sisera hört durch seine Spione davon und aktiviert sofort seine Armee, inklusive den 900 Wagen aus Eisen. Und so ziehen sie von ihrem Stützpunkt in Charoschet-Gojim zum Fluss Kischon (V13), ohne zu wissen, dass es Jahwe ist, der sie dorthin lockt. Als Debora das Signal zu Antriff gibt, da zögert Barak nicht. Wie der Blitz rennt er mit seinen 10'000 Mann vom Berg Tabor hinunter (V14) und gewinnt die Schlacht locker. Siseras Truppen verlassen ihre Ordnung und kassieren eine Schlappe. Eine völlige Niederlage, für die es keine andere Erklärung gibt, als dass der Herr es geschehen liess: “Und der HERR brachte Sisera und alle Wagen und das ganze Heer vor Barak in Verwirrung mit der Schärfe des Schwerts“ (V15). Barak und seine Männer mussten sie nur noch verfolgen und umbringen. Sie jagten sie den ganzen Weg zurück zu ihrem Stützpunkt in Charoschet-Gojim, und dann heisst es “nicht einer blieb übrig” (V16).

Das löst natürlich Fragen aus: Wie hat der Herr das gemacht? Warum waren Siseras Streitwagen aus Eisen nach zwanzig Jahren völliger Herrschaft über Israel plötzlich ohne Erfolg gegen eine Bande von Widerstandkämpfer? Warum war der Fluss Kischon der ideale Ort für die Schlacht? Die Antwort muss noch warten. Aber wir erfahren, dass Gott sein Versprechen gegenüber Barak einlöst. Barak hört auf Gott, und Gott schenkt ihm den Sieg, genauso, wie er es versprochen hatte (V7+14-15). Aber es gibt ein Problem: »und Sisera sprang vom Kriegswagen und floh zu Fuss.« (V15b). Die grösste Trophäe von allen entkommt!

Seine Verlegenheit (Vers 17b-22)

Und plötzlich geht es nicht mehr um den Sieg am Fluss Kischon, sondern ums Schicksal von Sisera, und um die Erfüllung der Prophetie von Debora (V9). Also, Bühne frei für»Jael, die Frau des Keniters Cheber« (V17b). Cheber hatte sich von seinem Stamm losgesagt und sich mit Jabin verbündet. Die “Terebinthe in Zaannajim“, wo er sein Lager aufschlug (V11), war ein idealer Standort, um die ganze Schlacht zu beobachten (V12). Klar flüchtet Sisera nun zu Cheber. Barak merkt von seiner Flucht nichts, und kämpft weiter (V15). Als die Schlacht vorbei ist, und er in Chebers Lager kam, da Jael ihm schon entgegen und ruft: »Komm, ich will dir den Mann zeigen, den du suchst.« (V22). Und so fand Barak Sisera tot im Zelt von Jael (V22).

Als Sisera zur geflüchtet war, und Jael sah, wie die Situation aussah, da hatte sie den erschöpften Sisera getötet. Deboras Prophetie erfüllte sich so, wie wir es nicht erwartet hätten. Sisera wird einer Frau übergeben – aber eben nicht Debora, sondern Jael! Der Barak ist so überrascht wie wir, und kann nur noch schauen (V22b). Und hinter all war die souveräne Hand Gottes. Dergleiche Gott, der ihm am Fluss Kischon den Sieg gibt, treibt Sisera in die Hand einer Frau (V9). Es ist nicht Cheber der gross raus kommt, sondern Jael, seine Frau. Was für eine Schande für Sisera. Jael stellt alle Männer um sich herum in den Schatten. Was für eine Blamage für Barak. Er hat die Schlacht gewonnen, aber ohne Ehre.

Sein Gott (V23+24)

Eigentlich geht es in der Geschichte um Jabin, den König von Kanaan und um Israel – und um Gott. Als Israel sündigte, "verkaufte der Herr sie in die Hand Jabins, des Königs von Kanaan" (V2). Jabin war also der wahre Unterdrücker Israels, nicht Sisera. Aber ohne Sisera ist die Macht von Jabin vorbei. Vers 24: "Und die Hand der Israeliten wurde immer härter gegen Jabin, den König von Kanaan, bis sie Jabin, den König von Kanaan, vernichtet hatten." (V24). Ohne Gott wäre das nicht möglich gewesen. Vers 23: »So unterwarf Gott an jenem Tag Jabin, den König von Kanaan, vor den Israeliten.« (V23)

Sein Glaube

Ich finde es noch spannend, das Barak als Held erwähnt wird. Im 1. Samuel 12,11 heisst es, “Da sandte der HERR Jerubbaal, Barak, Jeftah (…) und errettete euch aus der Hand eurer Feinde ringsum und liess euch sicher wohnen.” Und dann wird er in der berühmten Liste der Glaubenshelden in Hebräer 11,32-34 nochmals erwähnt:

Und was soll ich noch sagen? Mir fehlt die Zeit, auch noch von Gideon, Barak, Samson, Jephta, David und Samuel und von den Propheten zu erzählen. Aufgrund des Glaubens haben sie Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit geübt, Verheissungen erlangt, Löwen den Rachen gestopft 34 und gewaltiges Feuer gelöscht. Zweischneidigem Schwert sind sie entronnen, und wo sie schwach waren, haben sie Kraft empfangen. Stark sind sie geworden im Krieg, haben Heere feindlicher Völker in die Flucht geschlagen. (Heb 11,32-34)

Womit wir wieder bei der Frage wären, die ich am Anfang gestellt hatte: War Barak ein Superheld? Wenn wir die Geschichte im Richter 4 lesen, dann erkennen wir, dass er ein wischiwaschi Typ war. Die Verheissung genügte ihm nicht. Er wollte, dass Debora mit ihm ging, und verlor damit die Ehre, die er eigentlich hätte haben können. Jael hat den Job für ihn erledigt, den er eigentlich hätte ausführen sollen.

Was ich aber spannend finde ist, dass 1. Samuel und der Hebräer über Barak drei Punkt hervorheben:

Erstens, der Herr "sandte" Barak und brauchte ihn, um Israel zu "retten" (1. Sam 12,11). Mit anderen Worten, Barak hatte einen Auftrag und Gott hat in zum Wohl Israels gebraucht. Ich glaube, das ist eine Ehre! Auch wenn er nicht der war, der Sisera getötet hat, so bekam er doch die grössere Ehre, von Gott als Retter für sein Volk gebraucht zu werden. So konnte sich Barak einreihen in eine Reihe von solchen die Gott gedient hatten: Von Mose über Josua bis zum Richter uns bis zum König David, und darüber hinaus.

Zweitens er gewann eine grosse Schlacht. Die Schlacht hier in Richter 4 ist schon noch beeindruckend. Das war kein kleines Gefecht. Eine Miliz von zehntausend Fusssoldaten kämpfte gegen eine Berufsarmee, mit 900 Kriegswagen aus Eisen. Und das Ergebnis war nicht nur ein entscheidender Sieg, sondern eine massive Niederlage. Alle feindlichen Soldaten wurden getötet, auch der General. Jabins Macht über Israel war gebrochen, und Jabin tot. Und am Schluss ist es die einzige Schlacht im Richter, die mit einem Siegeslied gefeiert wird, Richter 5. Barak wird am Schluss im Hebräer 11,34 erwähnt, weil er ein feindliches Heer in die Flucht geschlagen hat.

Drittens, und ich glaube das ist das Wichtigste, was Barak tat, das tat er im Glauben (Heb 11,33). Baraks Glaube war zuerst einmal vorsichtig und zurückhaltend, aber als er ein zweites Mal den Befehl zum Angriff erhielt, zögerte er nicht. Er zog vom Berg Tabor hinab und zehntausend Mann folgten ihm. Das zeigt wahre Grösse, die andere inspiriert und uns ermutigt. Die grösste Herausforderung kam allerdings, als sie im Tal ankamen. Da mussten sie nämlich aus der Deckung hervorkommen und 18 Kilometer oder mehr über offenes Land bis zum Fluss Kischon vorrücken, um Siseras Heer mit 900 Wagen in offener Schlacht zu begegnen. Das brauchte Ausdauer, einer der voran ging und nicht zögerte, und Männer, die bereit waren, ihm bis in den Tod zu folgen. Und vor allem brauchte es Glauben – ein unerschütterliches Vertrauen auf Gott, der ihnen den Sieg versprochen hatte. Das ist Barak von seiner besten Seite, einen Mann des Glaubens – von einem Glauben, der handelt, der Glaube, der alles auf Gott setzt, denn es hätte auch in die Hosen gehen können. Ich glaube, das ist der Grund, warum Barak im Hebräer 11 mit den Glaubenshelden erwähnt wird. Barak war kein Berufssoldat wie ein Sisera, und der Sieg war am Schluss eher ein Geschenk als eine persönliche Errungenschaft. Von seinem Typ her, war er nicht einer mit einem grossen Glauben. Sein Glaube war zuerst einmal wischiwaschi, wurde aber mit der Zeit ein reifer Glaube – und wird am Schluss von Gott im Hebräer 11 geehrt.

Barak ist sicher nicht der grösste Held in der Bibel. Ich meine Abraham, Mose, Josua oder David bekommen viel mehr Platz in der Bibel. Barak ist da eher eine Randnotiz. Ich glaube wie wir, so war auch Barak kein Superheld. Der Titel “Superheld”, wenn das überhaupt angebracht ist, gehört allein Gott. Und unter den Menschen gibt es nur Einen, dessen Glaube vollkommen war (Heb 12,2-3). Nichtsdestotrotz gehört Barak zu einer grossen "Wolke von Zeugen" (Heb 12,1), die uns mit ihrem mutigen Glauben dazu inspirieren können, Gott zu vertrauen, egal was wir für Herausforderungen im Leben erleben.

 

Schlussspurt

Im Hebräer 12, Vers 1 wird diese Wolke von Zeugen erwähnt

Darum wollen denn auch wir, die wir von einer solchen Wolke von Zeugen umgeben sind, alle Last ablegen und die Sünde, die uns so leicht umgarnt.

Das Bild von der Wolke von Zeugen erinnert mich an ein Stadion, wo Marathonläufer am Schluss einlaufen und noch das letzte Stück vor den Zuschauern zurücklegen. Barak ist schon in diesem Stadium eingelaufen und sitzt jetzt auf der Tribüne unter der Wolke von Zeugen. Er weiss, dass das Leben nicht einfach ist, und auch da sitzen noch ganz viele mit ihm, die uns vorangegangen sind. Alle, die den Wettkampf vollendet haben, konnten den nur vollenden, weil sie die Sünde abgelegt haben. All der Ballast, den wir in unserem Leben so anhäufen: Undankbarkeit, Versagen und Zögern – dort, wo wir nicht erkannt haben, um was es geht. Wie ist das möglich, fragst du jetzt.

„Wir wollen mit Ausdauer laufen in dem Wettlauf, der noch vor uns liegt, und hinschauen auf den, der unserem Glauben vorangeht und ihn vollendet, auf Jesus.“ (Heb 12,1-2a)

Bist du schon mal einen Marathon gerannt? Ich bin 2x, vor vielen Jahren, den Greifenseelauf gerannt. Da hat es viele Zuschauer am Rand, die dich anfeuern. Ich musste meine Kräfte für die 21km einteilen. Denn es geht nicht darum, wie man ein Rennen beginnt, sondern, wie man ins Ziel kommt.

Bis zur Hälfte der Strecke habe ich jeweils meine Kräfte genau eingeteilt. Jeden Kilometer gestoppt, um zu sehen, dass ich mein Tempo halten kann. Dann aber der Hälfte, etwa bei Aschbach, habe ich aufgehört zu stoppen, und dann einfach Gas gegeben. Dann weiss ich noch wie ich bei Rällikon in die Strasse, die durchs Riedt geht, abgebogen bin, und dann siehst du einfach eine lange Gerade vor dir und denkst «man, wann kommt das Ziel?!» Und da war zu meiner Überraschung der Vater von einem guten Freund von mir. Er sah mich, und hatte dieses Rennen selbst auch schon viele Jahre absolviert, aber irgendwann merkte er, dass er nicht mehr mag. Und so stand er da, sah mich, und feuerte mich an… und… rannte mit mir ein Stück. Sprach mit Mut zu und sagte, «es ist nicht mehr weit, du schaffst das». Das gab mir unheimlich Mut, weil etwa bei ¾ der Strecke, da kommt irgendwann der «Hänger», wo man am liebsten aufgeben würde. Er wusste das aus seiner Erfahrung, und stand deshalb genau dort. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie einem das motiviert.

Genauso ist es mit Jesus, er kennt das Leben. Er ist dieses Rennen auch gelaufen, hat dieses Leben auch gelebt, und den «guten Kampf» vollendet. Er hat am Kreuz all das erduldet, was uns eigentlich zu steht, all die Schande und all den Hohn, den man uns zusprechen hätte sollen. Und da hat es viele Helden im Stadion, die uns anfeuern. Einer davon ist Barak, aber vielleicht hast du andere, die dir wichtiger sind. Ich denke da an den Vater meines Freunds. Er wusste, wie hart der Greifenseelauf ist, er war diesen Lauf schon viele Male zuvor gerannt, und er kannte mich, und wusste, dass ich nicht die Sportskanone bin.

Was hast du für Herausforderungen im Leben? Wo ist die Strecke die zu siehst noch lange, und du denkst, «wann kommst das Ziel?» Jesus ist mit dir im Rennen und läuft mit, aber da ist auch noch die Wolke von Zeugen, die Zuschauer, all jene, die schon vor uns das Rennen gelaufen sind.

Was ich mit meinen Augen seh'Ist nur ein Bruchteil deiner SichtAuch wenn ich nicht alles versteh'Deinem Wort vertraue ich

Hebräer 12,1-2a: Wir wollen mit Ausdauer laufen in dem Wettlauf, der noch vor uns liegt, und hinschauen auf den, der unserem Glauben vorangeht und ihn vollendet, auf Jesus.

[1] K. A. Kitchen, On the Reliability of the Old Testament (Grand Rapids/Cambridge, UK: Eerdmans, 2003), S. 206, 208 nennt den Jabin aus dem Buch der Richter "Jabin II".

[2] Siehe "Könige Kanaans" in 5,19 und vergleiche die Formulierung "Chazor war … die wichtigste Stadt all dieser Königreiche." in Josua 11,10.

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