Mensch sein, wie Jesus Mensch war

Datum: 1. Dezember 2024 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Philipper, 2,1-11

Predigt Viva Kirche Gossau, 1. Dezember 2024, Beat

Ungricht

Mensch sein, wie Jesus Mensch geworden ist

Ich freue mich ganz besonders, heute Morgen hier in

Gossau mit euch zusammen den 1. Advent feiern

zu können! In den nächsten Wochen haben wir wie-

der vor Augen, wie Gott selbst Mensch wird und

→ ich erzähle euch gleich zu Beginn eine Geschichte

von Bartolomeo Murillo, einem spanischen Kunst-

maler aus dem 17. Jahrhundert. Schon als Teenie

zeigte er künstlerisches Talent, aber niemand förderte

ihn.

In seinem Elternhaus hing ein Bild, auf dem Jesus als

todernster Hirtenjunge dargestellt war – mit einem Hir-

tenstab wie ein Bajonett in der Hand und dem obligato-

rischen Heiligenschein. Der Bartolomeo hasste das Bild.

Als seine Familie einmal nicht daheim war, bearbeitete

er es und schuf mit jugendlichem Übermut ein ganz

neues Bild von Jesus.

Bei ihrer Heimkehr waren die Murillos schockiert, weil

Bartolomeo den «heiligen Jesus» entstellt hatte: Das

strenge Gesicht grinste fröhlich, die Augen blinzelten

übermütig, aus dem Heiligenschein war ein zerdrückter

Strohhut geworden. Anstelle des traurigen Schafs stand

ein lustiger Hund neben Jesus.

Nachdem ihm sein Vater die Tracht Prügel des Lebens

verabreicht hatte, musste Bartolomeo das Bild als Zei-

chen der Busse durch die Strassen von Sevilla tragen.

Und da passierte es: Ein anderer Maler sah das Bild,

erkannte das Talent des Jungen und begann ihn zu för-

dern.

Diese Geschichte zeigt schön auf, wie schwer es uns

fällt, Jesus als ganz normalen, verspielten, humor-

vollen, übermütigen und auch mal Witze machenden

Menschen vorzustellen.

Die alte Kirche stritt bis 451 darüber, wie Jesus

gleichzeitig Gott und Mensch sein konnte! Das

bleibt auch sehr geheimnisvoll und ich kann das

heute Morgen nicht mit euch erforschen. Ich möchte

mit euch nur die Frage anschauen, die wir in an je-

der Weihnacht neu vor Augen haben: Weshalb

wollte Gott eigentlich Mensch werden?

Und das ist jetzt kein Scherz – ich muss dafür tat-

sächlich wieder einmal bei Adam und Eva begin-

nen! Als sich die beiden entschieden haben: Wir

wollen sein wie Gott, haben sie sich selbst zu Gott

gemacht!

Diese Entscheidung zieht sich bis heute durch alles

durch, was wir in unserer Gesellschaft erleben. In al-

len Gebieten der Wissenschaft, der Wirtschaft, unse-

res Zusammenlebens: Wir wollen unser Leben

selbst bestimmen! Die Selbstbestimmung ist die

heilige Religion des Westens! Niemand soll uns sa-

gen, woher wir kommen, wohin wir gehen und wie

wir zu leben haben. Deshalb reiben wir uns anei-

nander. Und das gleich von Anfang an: Kain bringt

seinen Bruder Abel um, weil er sieht: Der hat etwas,

was ich nicht habe.

Diese hemmungslose Selbstbestimmung hat einen

Vater: Es ist Satan. Wenn wir als Menschen uns

selbst das Wichtigste sind, nur den eigenen Vorteil

suchen – dann ist das die Quelle von Manipulation,

Machtmissbrauch, Hinterhältigkeit, Hass, und vielem

mehr.

– Es ist nicht schwer herauszufinden, was ge-

schieht, wenn alle sich selbst für Gott halten.

Paulus sagt: Dieser erste Adam ist gescheitert! Und

er spricht von einem neuen, einem zweiten Adam,

welcher die ganze Menschheitsgeschichte nochmals

neu beginnen will.

→ 1Kor 15,47-49 Der erste Adam war aus dem Staub

der Erde gemacht; der zweite Adam hat seinen Ur-

sprung im Himmel. So, wie der irdische Adam beschaf-

fen war, sind alle beschaffen, die zur Erde gehören;

und so, wie der himmlische Adam beschaffen ist, wer-

den alle beschaffen sein, die zum Himmel gehören. Ge-

nauso, wie wir jetzt das Abbild des irdischen Adams

sind, werden wir einmal das Abbild des himmlischen

Adams sein.

Dieser zweite Adam ist Jesus. Weihnachten ist der

Start einer zweiten Menschheitsgeschichte. Alles

beginnt nochmals von vorne.

Und deshalb wird Gott selbst Mensch. Er will uns

helfen, das zu werden, was er eigentlich von An-

fang mit uns wollte – dass wir Menschen sein und

bleiben können und nicht selbst Gott spielen müs-

sen.

Deshalb ist unser Thema heute Morgen:

→ Mensch sein, wie Jesus Mensch gewor-

den ist

→ Dieterich Bonhoeffer schreibt in seiner Ethik: Chris-

tus, der menschgewordene Gott liebt den Menschen1. Dezember 2024 2

nicht als Idealmenschen – sondern als Mensch, wie

er ist. Gott wird Mensch, wirklicher Mensch. Gott liebt

keine Idealwelt, sondern die wirkliche Welt. Während

wir uns bemühen, unser Menschsein hinter uns zu las-

sen, darüber hinauszuwachsen, immer gesünder und

bald ewig zu leben, wird Gott selbst Mensch und zeigt

uns, dass wir nicht Gott werden müssen, sondern wirk-

lich Menschen werden sollen.

Bitte lies doch diesen Abschnitt nochmals für dich

durch.

→ In einem ersten Punkt versuchen wir nun zu ver-

stehen, wie Jesus unser Menschsein verändert, da-

mit wir Menschen sein können, wie es sich Gott in

der Schöpfung gedacht hat. In einem zweiten Punkt

schauen wir an, wie das in unserer Gemeinschaft in

der Kirche möglich wird.

→ 1. Jesus ermöglicht es uns, Menschen nach Gottes

Plan zu sein

Und so wird Christus Mensch, damit sich unsere

Welt an ihm austoben kann! Das beginnt damit,

dass Maria und Josef in einem Stall gebären, weil es

keinen Platz mehr in der Herberge hat. Es geht wei-

ter damit, dass Herodes alle Buben-Babys in Beth-

lehem umbringt, weil er hört, dass ein neuer König

geboren wird. Es endet damit, dass wir Menschen

Gottes Sohn foltern, bespucken und kreuzigen!

Doch der Gefolterte vergibt uns unsere Sünde: Va-

ter, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!

Gottes Liebe zu uns Menschen ist so unglaublich

gross, dass er - Gott selbst - Mensch wird, damit er

schuld sein kann an unserer Schuld.

Nochmals Bonhoeffer und ich lese den Text lang-

sam, weil er so dicht ist:

→ Gott zeigt seine Liebe zu uns Menschen, «indem er

Natur, Wesen, Schuld und Leiden des Menschen leib-

haftig auf sich nimmt und trägt. Aus Liebe zum Men-

schen wird Gott Mensch. Er sucht sich nicht den voll-

kommenen Menschen, um sich mit ihm zu verbinden,

sondern nimmt menschliches Wesen an, wie es ist. Je-

sus ist das Ja Gottes zum wirklichen Menschen.

→ Und so ist Jesus nicht ein Mensch, sondern der

Mensch. Was an ihm geschieht, geschieht am Men-

schen, geschieht an allen und darum auch an uns. Jesus

schliesst die ganze Menschheit und den ganzen Gott in

sich.»

Und so stirbt mit Jesus der erste Adam, das alte re-

bellische Wesen, welches selbst Gott sein will.

Paulus kann in Gal 2,19 schreiben: → Ich bin mit

Christus gekreuzigt.

Ich habe mich diese Woche in einer Gebetszeit ge-

fragt: Jesus, wo und wann lebt dieser erste Adam

nach wie vor in mir? An welchen Stellen bin ich in

Gefahr, meine menschliche Natur auszuleben?

⎯ Wenn andere etwas nicht so schnell begreifen,

kann ich ganz subtil zeigen, wie gut ich es weiss

– Besserwisserei und Überheblichkeit.

⎯ Wenn ich etwas nicht verstehe, wächst in mir

ein Widerstand und kann zu einer inneren Auf-

lehnung wachsen – Wut und Rebellion lassen

grüssen.

⎯ Nicht Warten können – Ungeduld mit mir und

anderen

Das sind erst drei Dinge, die ich ins Tagebuch ge-

schrieben habe. Mehr sage ich euch nicht. Sonst

haltet ihr mich noch für ein rabenschwarzes Schaf.

Anschliessend habe ich ein Gebet aufgeschrieben:

«Jesus, diese menschliche Natur will einfach nicht ster-

ben. Bitte vergib mir mein sündiges Wesen. Danke,

dass du am Kreuz dieses menschliche Wesen besiegt

hast. Ich weihe mich dir. Bitte durchdringe mich weiter

mit deiner göttlichen Natur.»

Ich möchte dich fragen heute Morgen: Wo leidest

du an dir selbst? Wenn es dir mit deinen Schatten-

seiten so geht wie mir, dann sagt dir Jesus einmal

mehr – auch heute Morgen wieder – genau dafür

bin ich Mensch geworden, um dir zu helfen, zu dei-

nen menschlichen Schattenseiten zu stehen.

Die Schafhirten hören an Weihnachten die Engel

singen: Heute ist euer Retter geboren. Jeschua, der

hebräische Name für Jesus bedeutet Retter. Jesus ist

Mensch geworden, um mich von mir selbst zu ret-

ten – und um dich von dir selbst zu retten.

→ Paulus schreibt nicht nur: Ich bin mit Christus ge-

kreuzigt. Er schreibt weiter: Nicht mehr ich bin es, der

lebt, nein, Christus lebt in mir.

Ich stelle mir vor, wie der Vater am Ostermorgen

den Stein von dem Grab wegrollt, den toten zer-

schundenen Körper von Jesus in seine Arme nimmt

und ihm seinen Geist, seinen Atem einhaucht. In die-

sem Moment der Auferstehung wird Jesus eine1. Dezember 2024 3

neue Schöpfung. Jesus wird zum zweiten Adam. Un-

ser Vater im Himmel beginnt nochmals ganz neu

mit uns Menschen. Wir behalten zwar unser altes

Kostüm, unseren älter werdenden Körper, der

schlecht schläft, immer mal wieder krank wird – ich

war letzte Woche krank und habe bis gestern Mor-

gen nicht gewusst, ob ich es schaffe, heute bei euch

zu sein. Vieles bleibt menschlich und mühsam.

ABER und das ist das grosse ABER: Auch wenn wir

den Körper des ersten Adams behalten, will ich

nicht mehr Schattenseiten meiner bösen Natur

ausleben, weil Christus in mir lebt. Paulus schreibt:

→ Röm 8,9 Ihr steht nicht mehr unter der Herrschaft eu-

rer eigenen Natur, sondern unter der Herrschaft des

Geistes, da ja, wie ich voraussetze, Gottes Geist in

euch wohnt.

Ja, Paulus, genau das will ich: Ich möchte, dass

mein Lebensstil, meine Haltung in Herausforde-

rungen, mein Verhalten andern gegenüber durch

Gottes Geist geprägt ist! Ich hoffe doch, dass ich rei-

fer werde. Dass dieser «Christus in mir» Schritt für

Schritt ein neuer Beat entstehen lässt – manchmal

einen Schritt vorwärts und zwei zurück – aber viel-

leicht auch mal zwei Schritte vorwärts und nur einen

zurück.

Die Frage ist nun: Wer oder was hilft mir und dir

dabei, dass das auch wirklich geschieht? Ihr ahnt

es, weil ich euch ja schon den zweiten Punkt verraten

habe:

→ 2. In unserem Miteinander in der Kirche

werden wir Menschen, wie sich Gott das

vorgestellt hat

→ In Epheser 1,22-23 lesen wir: «Gott hat alles der

Herrschaft von Christus unterstellt und hat Christus als

Herrn über die Gemeinde eingesetzt. Die Gemeinde

aber ist sein Leib, und sie ist erfüllt von Christus, der al-

les ganz mit seiner Gegenwart erfüllt.»

Auf der einen Seite wohnt der Heilige Geist ganz

persönlich in dir drin und auf der anderen Seite ist

Jesus heute Morgen hier in der Viva Kirche

Gossau ganz gegenwärtig. Deshalb ist die Kirche

so wichtig! In dieser Gemeinschaft üben wir unser

Christsein ein. Und dafür stellt Paulus uns eine geni-

ale Anleitung zur Verfügung, die wir nun miteinan-

der lesen. Sie ist auf euren Stühlen verteilt.

Phil 2,1-13 (Neue Genfer Übersetzung)

Paulus fragt zweimal: Was ist euch wirklich wichtig?

Und ihr spürt, es geht dabei um das, was uns wert-

voll ist. Lassen wir Paulus predigen:

Nicht wahr, es ist euch wichtig,

⎯ einander im Namen von Christus zu ermuti-

gen?

Es ist euch wichtig,

⎯ euch gegenseitig mit seiner Liebe zu trösten,

⎯ durch den Heiligen Geist Gemeinschaft mit-

einander zu haben und

⎯ einander tiefes Mitgefühl und Erbarmen ent-

gegenzubringen?

2 Nun, dann macht meine Freude vollkommen und

⎯ haltet entschlossen zusammen!

⎯ Lasst nicht zu, dass euch etwas gegeneinan-

der aufbringt,

⎯ sondern begegnet allen mit der gleichen

Liebe und

⎯ richtet euch ganz auf das gemeinsame Ziel

aus.

⎯ 3 Rechthaberei und Überheblichkeit dürfen

keinen Platz bei euch haben.

⎯ Vielmehr sollt ihr demütig genug sein, von

euren Geschwistern höher zu denken als von

euch selbst.

⎯ 4 Jeder soll auch auf das Wohl der anderen

bedacht sein, nicht nur auf das eigene Wohl.

5 Das ist die Haltung, die euren Umgang mitei-

nander bestimmen soll.

Es ist die Haltung, die Jesus Christus uns vorgelebt

hat.

6 Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe

mit ihm stand,

⎯ nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen

Vorteil aus.

⎯ 7 Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine

Vorrechte und

⎯ stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener.

⎯ Er wurde einer von uns – ein Mensch wie

andere Menschen.

⎯ 8 Aber er erniedrigte sich noch mehr:

⎯ Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er so-

gar den Tod auf sich; er starb am Kreuz wie

ein Verbrecher.

9 Deshalb hat Gott ihn auch so unvergleichlich hoch

erhöht

⎯ und hat ihm als Ehrentitel den Namen gege-

ben, der bedeutender ist als jeder andere

Name. 10 Und weil Jesus diesen Namen

trägt,1. Dezember 2024 4

⎯ werden sich einmal alle vor ihm auf die Knie

werfen, alle, die im Himmel, auf der Erde

und unter der Erde sind.

⎯ 11 Alle werden anerkennen, dass Jesus

Christus der Herr ist, und werden damit Gott,

dem Vater, die Ehre geben.

12 Was folgt daraus, liebe Freunde?

⎯ So, wie ihr Gott bisher immer gehorsam ge-

wesen seid,

⎯ sollt ihr euch ihm auch weiterhin mit Respekt

und tiefer Ehrfurcht unterstellen

⎯ und alles daransetzen, dass eure Rettung sich

in eurem Leben voll und ganz auswirkt –

⎯ nicht nur, wenn ich bei euch bin, sondern erst

recht jetzt, während meiner Abwesenheit.

13 Gott selbst ist ja in euch am Werk und macht

euch nicht nur bereit, sondern auch fähig, das zu

tun, was ihm gefällt.

Was für ein Bibeltext! – Wir bleiben einen Moment

still.

Weihnachten will uns sagen: So wie Jesus Mensch

geworden ist, können wir selbst Menschen werden.

Die Haltung, die er gelebt hat, können wir einüben.

Der Rabbi Jesus sammelt hinter sich seine Schülerin-

nen und Schüler. Etwa 120 bilden zusammen seine

Schülergemeinschaft, die das wirkliche Menschsein

von Jesus lernen. Später schickt er ihnen seinen

Geist, damit seine Schüler-Kirche nicht lokal bleibt,

sondern sich weltweit verbreitet. Das ganze NT er-

zählt davon.

Bis heute üben wir in den lokalen Kirchen als Schü-

lerinnen und Schüler diese Jesus-Haltung ein, die

wir jetzt miteinander gelesen haben. Nochmals Bon-

hoeffer:

→ Wie Christus ganz Mensch geworden ist und alles

Göttliche losgelassen hat, müssen wir nicht göttlicher

werden, als wir Menschen menschlich sind. Deshalb ist

die Kirche ein Ort echter Menschlichkeit (S16-17).

Wie diese echte Jesus-Menschlichkeit aussehen

kann, erzähle ich euch in einer Weihnachtsge-

schichte. Die Geschichte zeigt sehr gut, wie auch wir

Pastorinnen und Pastoren Jesus-Schüler bleiben

und wie die Familie zuhause die erste wichtige Kir-

che ist.

Ein Pastor besucht am Weihnacht stag noch eine

krebskranke Frau. Es ist ein Notfall. Sie wird in den

nächsten Tagen sterben. Deshalb ist er ist ganz er-

staunt, als sie ihn fragt: „Wie geht es denn ihnen?“

Er sagt: „Das ist völlig unwichtig – jetzt geht es um

sie.“ „Aber sie scheint etwas zu belasten“, kommt

eine schwache Stimme aus dem Kissen zurück. Da

beginnt er zu erzählen, dass sie als Familie in ein

paar Stunden Weihnachten feiern und er seine m

Zwölfjährigen ein neues Velo gekauft hat. Aber der

ist in de n letzten Wochen so faul gewesen, dass die

Noten in den Keller gesaust sind. Und jetzt komme

ein schwieriger Moment. Ich werde m einem Buben

nämlich sagen: „Ich kann deine Faulheit nicht auch

noch mit einem so grossen Geschenk belohnen – du

bekommst dein heiss ersehntes Velo also nicht!“

Die Kranke schaute ihn mit grossen Augen an: „Wie,

Herr Pastor, Sie wollen den Jungen zu Weihnachten

bestrafen? Will uns denn das Weihnachtsfest nicht

gerade klar machen, dass Gott uns ganz unverdient

mit seiner Güte beschenkt hat? Sollen die Ge-

schenke, di e wir andern schenken, nicht genau das

ausdrücken – dass wir einfach unverdient etwas Lie-

bes weitergeben? - Bestrafen Sie doch Ihren Jungen

ein andermal, aber nicht an Weihnachten!“

Das war eine Predigt! Die alte Frau hatte ihn voll er-

wischt. Die Weihnachtsfeier war da. Unter den Baum

hatte ich ein Briefumschlag gelegt und auf die Karte

hatte geschrieben: „Unverdienterweise ein Fahrrad,

weil wir das Weihnachtsgeschenk unseres himmli-

sc hen Vaters auch nicht verdient haben.“

Nach dem Essen wurden unten dem Tannenbaum

die Geschenke verteilt. Unser Adrian sah sich die

kleinen Sachen an, die er geschenkt bekommen

hatte, aber nichts konnte ihn besonders fesseln. Man

merkte es ihm an, dass das Hauptgeschenk fehlte.

Ich sagte ihm: „Hast du alles gesehen?“ „Ja.“ „Ich

glaube nicht, schau doch noch einmal gründli ch!“

Da entdeckte den Briefumschlag unter den Tannen-

zweigen. „Geh einen Augenblick in dein Z immer und

lies, was darauf steht.“ Ich ging langsam hinter ihm

her. Ich sah, dass beim Lesen eine starke Bewegung

durch ihn hindurchging. Er drehte sich um und sah

mich strahlend an: „Vater!" Er sagte nur das eine

Wort, aber in diesem Wort lag alles Glück. Er fiel mir

um den Hals. Sein heisser Wunsch war erfüllt. Dann

holten wir gemeinsam das versteckte Fahrrad. – Das

nächste Zeugnis war besser.

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