Generationenwechsel
Serie: Gott mitten im Chaos | Bibeltext: Richter 2,6-15
Generationenwechsel: Nach ihnen kam eine andere Generation, die den Herrn nicht kannte (Ri 2,6-15)
Der Generationenwechsel kann bei uns manchmal das Gefühl auslösen, dass die Veränderungen aus dem Ruder laufen. Haben wir mit unserem Vorbild versagt? Sind unsere Jungen noch im Glauben, oder haben sie die Grenzen, von dem was noch okay ist, überschritten? Diese Fragen bewegen uns manchmal noch bis ans Lebensende. Haben wir mit unserer Vorbildfunktion versagt? Das kann man so, oder so interpretieren. Nicht immer einfach, wenn die nächste Generation nicht den Weg vom Glauben geht. Das ist manchmal richtig schmerzhaft. Da dürfen wir einerseits weiterhin für sie beten und andererseits müssen wir lernen loszulassen. Das ist nicht immer ganz einfach.
Der Verlust Josuas (Vers 6-9)
Und Josua entliess das Volk, und die Israeliten gingen, ein jeder in seinen Erbbesitz,
um das Land in Besitz zu nehmen. (2,6)
Es ist erstaunlich, dass Josua da nochmals erwähnt wird. Irgendwie hat er doch noch weitergelebt. Und so sind wir wieder am Anfang der Richterzeit, oder besser gesagt vor dem Anfang. Weil die Versammlung, wo Josua das Volk in Vers 6 entlässt, ist nicht die Versammlung von den ersten beiden Versen im Buch, wo Israel nach Josuas Tod den Herrn befragt hatte. Es ist auch nicht das, was im Abschnitt vorher beschrieben wurde (2,1-5). Ich glaube, es handelt sich um die Versammlung am Schluss vom Buch Josua (Jos 24). Josua tschäggt (wusste), dass er bald sterben muss, und Israel ist deshalb vor einem kritischen Moment. Josua hatte in seinem Leben viel erreicht. Gott hatte einen Sieg nach dem anderen geschenkt, und so konnte Josua am Schluss sage: “Nichts ist dahingefallen von all dem Guten, das der HERR, euer Gott, euch zugesagt hat. Alles ist für euch eingetroffen, nichts davon ist dahingefallen.“ (Jos 23,14). Gott hatte den Widerstand in Kanaan gebrochen. Israel hatte gewonnen. Sie hatten erlebten, wie das Land eingenommen und den Stämmen als Erbe zugeteilt wurde, (siehe Josua 13-21). Gott war treu zu Israel, und unter Josuas Führung waren sie ihm treu. Aber jetzt gibt es noch viel zu tun (Jos 13,1), sind müssen jetzt das Land noch in Besitz nehmen, das ihnen schon mal gehörte.
Das lange Leben von Josua kommt langsam aber sicher zu einem Ende. Und so war es Zeit für die Übergabe an die nächste Generation. Josua wollte, dass sie den Herrn anbeten und ihm allein zu dienen, und so hatten sie es versprochen (Jos 24,14-22). Doch Josua erkennt, dass das ohne sein Vorbild und seine Führung schwierig würde. Deshalb versammelte er sie bei Sichem und lässt sie den Bund erneuern. Und so versprach Israel dort, dass sie sich nicht vom Herrn abwenden werden – niemals im Leben (Jos 24,14-25). Es ist wie bei Eltern, die sich Sorgen darüber macht, wie es ihren Kindern ergehen wird, wenn sie von Zuhause ausziehen und sich in der Welt zurechtfinden müssen. Es gibt in dieser Welt viele Versuchungen und der christliche Glaube nicht mehr wirklich hoch im Kurs.
Für eine Zeit ging alles gut. Diejenigen, welche die Versprechen bei Josua mitbekamen, waren zielorientiert daran, das Land in Besitz zu nehmen (V6). Ihnen war klar, worum es ging, und sie waren voller Tatendrang. Die Gebiete, die ihnen zugeteilt wurden, waren ihr "Erbe", etwas, das Gott ihnen zugeteilt hatte. Josua hatte dafür gekämpft, und ihnen jetzt überlassen. Sie hatten gute Erinnerungen an Josua, wie er ihnen voll Leidenschaft voran ging. Vers 7: “Und das Volk diente dem HERRN, solange Josua lebte und solange die Ältesten am Leben waren, die Josua überlebten, die das ganze grosse Werk des HERRN gesehen hatten, das er für Israel getan hatte“ (Ri 2,7). Josua war ein leuchtendes Vorbild. Doch was ihnen noch mehr Hoffnung für die Zukunft gab, war, “das grosse Werk”, das Gott vollbracht hatte, was Josua persönlich erlebt hatte.
Jede Generation braucht ihre Vorbilder. Solche, wo die Herausforderungen vom Leben geschafft hatten. Früher hat man solche Vorbilder gehyped, d.h. übermässig aufgeblasen. Heute habe ich lieber authentische Vorbilder, die mir in meiner Situation ein Vorbild sind. Ich habe einige solche Vorbilder und für die bin ich dankbar. Es sind Vorbilder, die mir erzählen, was sie erlebt haben und wie es manchmal nicht einfach war, aber am Schluss hat Gott den Durchbruch geschenkt. Das ist für mich Ermutigung. Ich brauche das.
Erinnerungen haben Kraft und prägen uns. All die Erlebnisse, die wir durchgemacht haben, die formen unseren Charakter. Wenn wir diese vergessen, dann können wir auch vergessen, wer wir sind. Ohne den Anker der Vergangenheit können wir in der Gegenwart vor uns hinleben, ohne zu merken, um was es wirklich geht. Diejenigen, die Gott so wie Josua erlebt hat, die haben ein Fundament und einen Sinn im Leben, und darum lesen wir «und das Volk diente dem Herrn» (V7). Aber eben Erinnerungen sind fragil. Wenn wir sie nicht immer wieder in Erinnerung rufen und stärken, dann können sie verblassen – und irgendwann sind sie so schwach, dass wir den Anker verlieren. Wir vergessen, um was es wirklich geht, und dann fangen wir an, abzudriften. So ging es den Menschen, die nach dem Tod von Josua kamen.
Der Verlust der nächsten Generation (V10)
Und als auch jene ganze Generation zu ihren Vorfahren versammelt worden war, kam nach ihnen eine andere Generation, die weder vom HERRN wusste, noch von dem Werk, das er für Israel getan hatte.(Ri 2,10)
Wir werden den Verdacht nicht los, dass hier ein Zusammenhang gibt, zwischen dem, “was sie über den Herrn wissen”, und dem, “was der Herr für sie getan hatte.” Gott erleben ist genauso wichtig, wie Gott zu kennen. Sie hatten nicht miterlebt, wie Josua mit Gott gegen die Könige von Kanaan gekämpft hatte. Ich meine die Schlacht von Jericho (Jos 6) oder der Untergang von Ai (Jos 8), und nachher all die Feldzüge im Süden und Norden von Kanaan (Jos 10-11). All das finden wir in im Buch Josua (Jos 12).
Am Schluss vom Buch Josua (21,43-45) wird uns klar gesagt, dass Gott seinen Verheissungen treu war.
Gott steckte dahinter, und nicht eigentlich Josua. Josua hatte Gott erlebt, so wie Mose vor ihm, als sie aus Ägypten zogen. Das erlebst du nicht jeden Tag, und wenn du es erlebst, dann fahren die Erlebnisse voll ein, so dass sie eine ganze Generation prägen, ja sogar ein ganzes Volk für die nächste Generation – wenn man sich daran erinnert. Und das ist der Knackpunkt für jede Generation: Sie sollen sich so gut wie möglich daran erinnern, was das Fundament von ihrem Glauben ist, damit diejenigen nach ihnen, es nicht vergessen werden.
Was ich dir heute sage, sollst du nicht vergessen, und du sollst diese Worte der nächsten Generation einprägen und immer wieder davon reden, egal ob du zu Zuhause am Tisch sitzt oder ob du unterwegs bist, egal ob du abliegst oder aufstehst. (Deut 6,6-7 vereinfacht)
Jedes Jahr am Passafest feierte das Volk die Erinnerung an den Auszug aus Ägypten und das gab der älteren Generation die Möglichkeit, den Jungen wichtige Fragen zu beantworten:
Und wenn sie euch fragen: Wieso feiern wir dieses Fest? – dann sollt ihr antworten: Es ist ein Erinnerungsfest an das, was wir mit Gott erlebt haben. Er ist in Ägypten an unseren Häusern vorbeigezogen, als er die Ägypter schlug, und wir verschont wurden. (Ex 12,26-27 vereinfacht)
Und so kommt es, dass wir im Gottesdienst einen Zeugnisteil haben, weil es so wichtig ist, einander zu erzählen, was wir mit Gott erleben (Psalm 78,5-7).
Und jetzt ist natürlich die Frage, was war bei der Übergabe von Josua zur Generation Richter falsch gelaufen? Waren sie mit der Eroberung von Kanaan beschäftigt, dass sie keine Zeit hatten, der nächsten Generation zu erzählen, was sie mit Gott erlebt hatten? Ich glaube nicht. In Vers 10 ist mit dem “Werk” die Eroberung Kanaans gemeint, und nicht der Auszug aus Ägypten. Die nächste Generation kannte den Herrn nicht, weil sie nicht erlebt hatten, wie der Herr durch Josua dem Volk Israel Kanaan gab. Es lag also nicht daran, dass sie im “Unterricht” nicht aufgepasst hatten. Sie waren sich nicht bewusst, um was es ging, weil sie es nicht am eigenen Leib erfahren hatten. Und dann kommt noch dazu, dass jede nächste Generation selbst entscheiden muss, ob sie das, was ihnen weitergegeben wird, auch annehmen. Die Vorbilder sind nicht für alles verantwortlich. Und so heisst es, “Und die Israeliten taten, was böse war in den Augen des HERRN (…) und verliessen den HERRN“ (Ri 2,11-12). Mit anderen Worten, sie wussten schon, um was es ging, aber sie nahmen es nicht an. Es war eine bewusste Verweigerung, ihre Verantwortung wahrzunehmen, die dazu gehört, wenn wir eine Beziehung mit Gott leben – einen Bund mit ihm eingehen.
Eines meiner Vorbilder im Leben war mein Götti. Er starb vor ein paar Jahren an Hautkrebs, und er hat mir dann nochmals seine Lebensgeschichte erzählt. Hatte mich sehr berührt. Nach dem er seine Lehr abschloss und von zuhause auszog, wollte er vom Glauben nichts mehr wissen. Er ging dann mit einem Kollegen auf Weltreise. Viele Jahre später wurde sein Kollege von einer Frau kontaktiert, „hey, du hast von dieser Zeit einen Sohn“. Der nahm dann die Reise auf sich und besuchte diesen Mann, der seinen Vater kennenlernen wollte. Mein Götti ging mit ihm mit, und es hatte ihn noch bewegt, dass das, was sie damals taten, als sie vom Glauben nichts mehr wissen wollten, Konsequenzen hat.
Es wäre jetzt ein bisschen einfach, wenn wir unseren Vorbildern die Schuld geben könnten. Wie im Buch Richter: Nur weil wir den Auszug aus Ägypten oder die Eroberung Kanaans nicht selbst erlebt haben, bedeutet nicht, dass wir deshalb den Glauben nicht annehmen können. Jede Generation muss wieder für sich entscheiden, ob sie Gott treu sein wollen. Die Generation nach Josua wollte dies nicht. Und der Autor vom „Richter“ sieht die Verantwortung bei der nächsten Generation und nicht bei der älteren Generation. Trotz guten Vorbildern waren sie Gott ungehorsam.
Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Treue der älteren Generation und der Untreue der nächsten Generation. Bei den Königen kam manchmal ein guter König, obwohl der Vorgänger in Sünde lebte und von Gott nichts wissen wollte. Auch Adam und Eva erlebten das. Uns wird von ihren Söhnen Kain und Abel erzählt. Beim einen nahm Gott das Opfer an, beim anderen nicht. Auch bei Jesus sehen wir, dass nicht alle Jünger gleich waren – es gab da noch den Judas. Wäre also ein bisschen einfach, wenn wir einfach unseren Vorbildern die Schuld geben.
Abwenden vom Glauben (V11–13)
Was jetzt kommt, ist noch deftig: “sie taten böses… und verliessen den Herrn” (V11-13). Wahrscheinlich ist nicht alles auf ein Mal passiert. Meistens ist es ein Prozess. Was über längere Zeit geschah, wird hier zusammengefasst. Einige Kompromisse werden in Kapitel 1 beschrieben und der Bote in 2,1-5 hat auch darüber gesprochen. Wir erhalten hier den Abschlussbericht. Wie es dazu kam, und wie lange es dafür brauchte, wird nicht gesagt – was am Schluss zählt, ist, dass sie sich bewusst von Gott abwandten. Sie waren nicht Opfer von Entscheidungen von anderen, sondern sie hatten sich das selbst eingebrockt.
Hast du es auch schon erlebt? Einer ist voll Feuer und Flamme für Jesus, und dann wendet er sich ab vom Glauben. Ich habe mal nach vielen Jahren den getroffen, der mit mir im Unti war. Er meinte, er sei vom Glauben weggekommen, weil er in der Gemeinde keine Kollegen fand. Ich fand das ein bisschen billig. So im Sinne von «die anderen sind schuld, ich kann doch nichts dafür.» Ich glaube wer Heilung erleben will, darf zuerst einmal erkennen, was falsch gelaufen ist. Irgendwo in diesem Prozess wurde eine Linie überschritten und man wandte sich von Gott ab.
Wie funktioniert das Böse?
Das Wort “böse” wollen wir noch etwas genauer untersuchen. Sie taten, was vor dem Herrn was böse war, können wir mit dem Wort “verlassen” zusammenfassen, “sie verliessen den Herrn”. Wie das funktioniert, sehen wir wunderbar bei Adam und Eva in Genesis 3. Wenn wir genauer hinschauen, dann erkennen wir, dass sie selbst entscheiden wollten, was gut und was böse ist. Dafür brauchen sie nicht wirklich Gott. Wir sind doch selbst «gute Menschen» und wir brauchen nicht wirklich einen Gott, der uns sagt, was gut ist, und was nicht.
Hier in Richter 2 geht es darum, dass die Israeliten den Herrn verliessen, der sie aus dem Land Ägypten herausgeführt hatte (V12). Im Minimum wäre das Undankbarkeit. Doch es geht auch um Gnade, denn Gott hatte Abraham aus Gnade erwählt. Es war ja nicht so, dass Abraham perfekt war. Gott hat viel Geduld mit Abraham, Isaak, Jakob – da gab es viel Auf und Ab. Als Israel dann in Ägypten versklavt wurde, hörte Gott ihr Stöhnen und Klönen, und sich an seinen Bund mit Abraham, Isaak und Jakob erinnerte (Ex 2,23f). Deshalb sandte er Mose, um sie durch Zeichen und Wunder aus der Gefangenschaft zu führen, damit sie als freies Volk leben konnten. Gott war also ihr gnädiger und gewaltiger Erlöser. Und so hätte er auch ihren Gehorsam verdient. Das ist es eigentlich, was sie “verlassen” hatten (12), was dann einfach ein anderes Wort für “böse” war (11).
Man findet immer einen Grund, warum Gott nicht mehr braucht. Was für den einen nicht gut ist, ist für den anderen vielleicht schon gut (17,6; 21,25). Die einen wollen mit Gott nichts mehr zu tun haben, weil die Wiese auf der anderen Seite grüner ist (Sprichwort) oder weil die Umstände nichts anderes zu lassen. Für die Israeliten waren es die Baals und die anderen Götter (V11+12). Sie liessen die Kanaaniter gewähren liessen und hatten ihre Kultstätten nicht zerstört, so wie Gott es angeordnet hatte. Gott hatte sie gewarnt, dass die Götter der Kanaaniter ihnen zum Fallstrick werden (V3). Und jetzt sehen wir das Resultat. Die Israeliten wenden sich von Gott ab. Sie wenden sich den anderen Göttern zu, beten sie an, dienen ihnen (V11+12).
Jetzt ist natürlich die Frage, was war der Reiz dieser Götter? Ich weiss nicht, ob ihr schon mal in einem Museum wart, wo man solche Statuten hinter Vitrinen anschauen kann. Ich habe schon viele davon gesehen, und muss ehrlich sein, dass ich noch nie den Reiz verspürte vor diesen Figuren niederzuknien. Damals waren diese Artefakte für die Nachbarn von Israel mächtige Symbole, die ihr ganzes Leben prägten. Sie spürten dahinter geistige Kräfte spürten – wir nennen das heute einfach Naturphänomene, wie z.B. den Wechsel der Jahreszeiten, den Herbst- und Frühlingsregen, die Fruchtbarkeit vom Boden, etc. So wie es aussieht funktionierten diese Götter für die Kanaaniter. Sie lebten schon lange dort und hatten erlebt, wie ihnen diese Götter halfen. Sie wussten, wie man die Felder bewirtschaftet, und so Essen auf den Tisch stellt – für sie waren es ihre Götter, die das möglich machten.
Im Kontrast dazu hatten die Neuankömmlinge keine Erfahrung damit. Sie waren vorher Sklaven in Ägypten, wo der Pharao für die Ernährung verantwortlich war. In der Wüste wurden sie ernährt vom Manna, das Gott für sie sandte. Aber jetzt da in Kanaan gab es kein Manna vom Himmel mehr (Jos 5,12). Jetzt mussten sie den Boden selbst bewirtschaften und daraus Nahrung gewinnen, so wie es ihre Nachbarn taten, aber sie hatten damit keine Erfahrung. Unter diesen Umständen würde es doch Sinn machen, von den Ureinwohnern vom Land zu lernen? Würde doch nicht schaden den Gottesdienst mit Elementen der lokalen Kultur zu “bereichern”, oder? Doch Jahwe ist da anderer Meinung. Entweder leben sie mit Gott Jahwe oder dann leben sie mit Baal – beides geht nicht. Sie mussten sich entscheiden, und da liegt der Hund begraben. Sie wurden dem Gott von ihrem Bund untreu, und haben so eigentlich im Glauben Ehebruch begangen. Und so kam es, dass das, was sie taten, “vor den Augen des Herrn böse war”. Für ihn passt das nicht, so wie ein Ehepartner Mühe damit hat, wenn plötzlich das Gegenüber sagt, “ich habe jetzt einen neuen Lover” (V11). Israel musste lernen, dass dem Herrn die Beziehung mit ihnen wichtig war.
Gottes Zorn (V 14+15)
Und der Zorn des HERRN entbrannte über Israel, und er gab sie in die Hand von Plünderern, die sie ausraubten. Und er verkaufte sie in die Hand ihrer Feinde ringsum, und sie konnten nicht mehr bestehen vor ihren Feinden. Wann immer sie auszogen, war die Hand des HERRN gegen sie zum Unheil, wie der HERR es gesagt hatte und wie der HERR es ihnen geschworen hatte, und sie gerieten in grosse Bedrängnis. (Ri 2,14-15)
Uns springt sofort der Zorn Gottes ins Auge, aber auch das Unheil und der Stress, der damit verbunden ist. Kein einfaches Thema, doch schauen wir uns das mal an, denn ich glaube, es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Gäll, der Zorn Gottes ist real. Wörtlich heisst es “Jahwes Nase wurde heiss gegen Israel”. Ein etwas kurioses Bild. Wir würden heute vielleicht sagen, “ihm ist der Kragen geplatzt”. Das zeigt uns, dass Gott Emotionen hat, und zwar starke Emotionen. Es gibt Situationen, die bewegen ihn, und er reagiert! Und weisst du was, er macht dabei keine Fehler, wie wir das manchmal tun. Seine Emotionen gehen mit ihm nicht durch – hat seine Gründe.
Israel wurde untreu und hat sich von ihm abgewendet. Sie hätten eigentlich gewusst, wie sie ihre Beziehung mit ihm pflegen sollten, aber sie haben es nicht getan. Sie haben sein Vertrauen missbraucht, so wie bei Ehepartnern oder guten Freunden, die sich Treue versprochen haben, und dann genau das Gegenteil tun. Das tut weh und verletzt. Freunde verstehen sich gut und wissen genau, was der andere braucht, und dann so tun, als ob da nie etwas gewesen wäre – das schmerzt.
Gäll, Gott ist nicht launisch und geht zu weit, nein, er hält sich zurück und handelt dann so, wie er gesagt, hat. Er hatte ihnen in Josua 23 und 24 erklärt, was passieren würde. Er hatte ihnen gesagt, dass er sich reich segnen will, aber wenn sie den Bund übertreten und anderen Göttern dienen, dann wird “Zorn des Herrn wird gegen sie (euch) entbrennen“ (Jos 24,20). Gott ist treu und erfüllt seine Verheissungen, doch er verträgt es nicht, wenn wir ihm untreu werden. Das hat nichts mit Laune zu tun, sondern Gott hält sein Wort.
Die Konsequenz für Israel war, dass Nomaden kamen und sie ausplünderten und verkauften. Und das brachte sie in grosse Probleme (2,14). Sie wurden wieder aus Kanaan verdrängt. In diesem Sinne war es eine natürliche Konsequenz. Es ist nicht so, dass Gott Feuer vom Himmel sendet, sondern ein anderes Nomadenvolk hat sie ausgeplündert.
Gäll, wir kennen Gott durch Jesus, der uns die Liebe Gottes gebracht hat, und da macht uns der Zorn Gottes mühe. Doch der Zorn Gottes gehört auf eine komische Art dazu. Langfristig ist es die Liebe Gottes, die wichtig ist. Doch Liebe ohne Zorn würde Gott zu einem Gott mit einem Herz aus Stein machen. Wenn Gott ein Herz aus Stein hätte, und es ihm egal wäre, wenn wir uns anderen Göttern zu wenden, dann wäre die Liebe Gottes nicht wirklich echt. Gott ist ein liebender Vater, dem es nicht egal ist, wie wir leben und was wir für eine Beziehung mit ihm haben. Er ist von dem, was wir tun, bewegt. Er hat kein Herz aus Stein.
Gott ist ein Gott der Vergebung und Gnade, und die ist unendlich und gratis, doch das heisst nicht, dass es keine Konsequenzen geben soll für das, was wir verbocken. Was wir tun, und manchmal auch was wir nicht tun, hat Konsequenzen.
Es gibt keine bessere Illustration dafür, als dort wo Jesus am Kreuz hing. Auf der einen Seite war einer, der Jesus verspottete, in dem er sagte, “Bist du nicht der Gesalbte? Rette dich und uns!“ (Lk 23,39) Der auf der anderen Seite reagierte aber mit Mitgefühl und sagte: Wir haben die Strafe am Kreuz verdient, “dieser aber hat nichts Unrechtes getan“ (Lk 23,41). Dann bat er Jesus, “Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.“ (23,42). Er akzeptierte die Konsequenzen für sein Handeln. Wie hat Jesus reagiert? „Und er sagte zu ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ (23,43)
Manchmal gibt es Konsequenzen, doch wenn wir umkehren und einsehen, dass wir auf dem Holzweg waren, dann ist Gott gnädig und vergibt uns. Der einsichtige Kriminelle am Kreuz, hatte so die Liebe Gottes erlebt.
Hoffnung
Welche Hoffnung haben wir, wenn Menschen, die uns am Herzen liegen, sich von Gott abwenden? Welchen Trost gibt es für eine Generation, wenn sich die nächste von Gott abwendet?
Ich schöpfe Hoffnung daraus, dass Gott ein Gott der Liebe ist. Wenn wir die Geschichte von Israel anschauen, dann sind die Episoden, wo der Zorn Gottes ausbrach, nur kurz und sein Ziel war immer uns zurückgewinnen. Da macht mir Jesaja 54,8 Mut:
Im Auffluten der Wut habe ich mein Angesicht eine Weile vor dir verborgen,
mit immerwährender Güte aber habe ich mich deiner erbarmt
spricht dein Erlöser, der HERR. (Jesaja 54,8)
Gottes Wut ist nicht das letzte Wort. Wenn wir die Geschichte von Israel anschauen, dann finden wir darin mehr, nämlich die Gutigkeit (Güte) Gottes, mit der er sich immer wieder an uns erbarmt und uns Erlösung anbietet. Das Buch Richter war nicht das letzte Wort. Aber der Zorn Gottes gehört bei der Liebe Gottes dazu, und da können wir nicht einfach wegschauen.
Wenn ich durch dunkle Täler geh'
Bist Du mein Gott, dem ich vertrau' Und sollte ich den Weg nicht sehn' Bist Du mein Licht, auf das ich schau'Manchmal schmerzt das Leben, doch unsere Hoffnung ist die Liebe Gottes, die uns in Jesus begegnet. Es ist keine Liebe mit einem Herz aus Stein, sondern eine Liebe die echt ist.